Glossar

Aufhebungsgründe

Aufhebungsgründe sind die rechtlich anerkannten Gründe, die eine Vergabestelle dazu berechtigen, ein laufendes Vergabeverfahren oder eine Ausschreibung vorzeitig zu beenden. Sie bilden einen wichtigen Bestandteil des Vergaberechts und dienen der Sicherstellung, dass nur rechtmäßige, faire und transparente Verfahren durchgeführt werden.

Die Aufhebung einer Ausschreibung ist immer ein gravierender Schritt, der nur dann erfolgen darf, wenn ein objektiv nachvollziehbarer Grund vorliegt. Aufhebungsgründe schützen sowohl die Auftraggeber als auch die Bieter, indem sie verhindern, dass fehlerhafte oder unzulässige Vergaben stattfinden.

aufhebungsgründe Ausschreibung

Bedeutung und Funktion von Aufhebungsgründen im Vergabeverfahren

Im Ausschreibungsprozess kommt den Aufhebungsgründen eine zentrale Rolle zu. Sie dienen dazu, Verfahren zu beenden, wenn die Voraussetzungen für eine ordnungsgemäße Vergabe nicht mehr gegeben sind. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn formale oder inhaltliche Fehler in den Vergabeunterlagen entdeckt werden oder wenn sich die Projektbedingungen erheblich geändert haben.

Eine Aufhebung ist kein Ausdruck von Willkür, sondern ein rechtsstaatliches Instrument, das den fairen Wettbewerb schützt. Die Entscheidung zur Aufhebung muss daher transparent, nachvollziehbar und schriftlich begründet werden.

Vergabestellen sind verpflichtet, alle betroffenen Unternehmen zeitnah über den Aufhebungsbeschluss zu informieren. Dadurch soll verhindert werden, dass Bieter Ressourcen in ein Verfahren investieren, das keine Aussicht auf Zuschlag mehr hat.

Rechtliche Grundlagen der Aufhebungsgründe

Die gesetzlichen Regelungen zu Aufhebungsgründen finden sich im Vergaberecht, insbesondere in der Vergabeverordnung (VgV), der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) und der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB/A).
Diese Vorschriften legen fest, unter welchen Umständen eine Ausschreibung aufgehoben werden darf.

Typische gesetzlich anerkannte Gründe sind:

  • Wenn kein wirtschaftliches Angebot eingegangen ist, das den Anforderungen entspricht.
  • Wenn sich die Rahmenbedingungen wesentlich geändert haben, etwa durch neue Haushaltsvorgaben oder Projektänderungen.
  • Wenn formale Fehler im Verfahren festgestellt werden, die nicht mehr korrigiert werden können.
  • Wenn das Vergabeverfahren rechtswidrig geworden ist, beispielsweise durch Verstöße gegen das Gleichbehandlungsgebot oder die Transparenzpflicht.
  • Wenn andere schwerwiegende Gründe vorliegen, die eine Fortführung des Verfahrens unzumutbar machen.

In jedem Fall gilt: Eine Aufhebung muss verhältnismäßig und objektiv begründet sein. Reine Zweckmäßigkeit oder mangelndes Interesse an der Durchführung reichen nicht aus.

Typische Aufhebungsgründe in der Praxis

In der Praxis können Aufhebungsgründe vielfältig und unterschiedlich ausgeprägt sein. Ein häufiges Beispiel ist die Nichteinhaltung von Zuwendungsrichtlinien oder anderen rechtlichen Vorgaben, die seitens der Auftraggeber nicht erfüllt wurden. Auch eine unzureichende Anzahl an eingegangenen Angeboten kann zur Aufhebung einer Ausschreibung führen, da damit die Wettbewerbsintensität und somit auch die Qualität der Angebote in Frage gestellt wird. Ein weiterer praktischer Grund kann die Entdeckung neuer Informationen sein, die die Kostenschätzung oder die Machbarkeit des Projekts maßgeblich beeinflussen.  


In der Praxis zeigen sich Aufhebungsgründe in sehr unterschiedlichen Formen. Häufige Beispiele sind:

  1. Unzureichende Anzahl an Angeboten:
    Wenn zu wenige Angebote eingehen oder alle Angebote über dem geplanten Budget liegen, kann die Ausschreibung aufgehoben werden.
    Eine geringe Beteiligung mindert die Wettbewerbsintensität und kann die Wirtschaftlichkeit der Vergabe gefährden.
  2. Fehlerhafte Vergabeunterlagen:
    Werden in den Vergabeunterlagen wesentliche Mängel festgestellt, etwa unklare Leistungsbeschreibungen oder falsche Mengenangaben, ist eine Aufhebung oft die einzige rechtskonforme Lösung.
  3. Geänderte Projektvoraussetzungen:
    Wenn sich technische Anforderungen, Förderbedingungen oder Finanzierungsrahmen ändern, verliert die ursprüngliche Ausschreibung häufig ihre Grundlage.
  4. Verstöße gegen Vergabevorschriften:
    Bei Verfahrensfehlern – z. B. unzulässige Diskriminierung von Bietern oder nicht eingehaltene Fristen – kann eine Fortführung das Risiko rechtlicher Auseinandersetzungen bergen.
  5. Haushaltsrechtliche Gründe:
    Wird ein Projekt aufgrund von Budgetkürzungen oder Prioritätenänderungen gestoppt, ist die Aufhebung rechtlich zulässig, sofern der Grund dokumentiert und kommuniziert wird.

Aufhebung der Ausschreibung bei Kostenüberschreitung

Ein besonders häufiger Aufhebungsgrund im Vergabeverfahren ist die Aufhebung der Ausschreibung bei Kostenüberschreitung.
Dieser Fall tritt ein, wenn die eingereichten Angebote den für das Projekt vorgesehenen Finanzrahmen deutlich überschreiten.

In der Praxis bedeutet das: Der Auftraggeber hat im Vorfeld auf Basis einer Kostenschätzung einen bestimmten Haushaltsbetrag eingeplant. Wenn sich nach der Angebotsöffnung zeigt, dass kein Angebot innerhalb dieses Budgets liegt, kann eine Fortführung des Verfahrens wirtschaftlich oder rechtlich unzulässig sein.

Die Kostenüberschreitung gilt nur dann als legitimer Aufhebungsgrund, wenn sie erheblich ist und nicht durch geringfügige Anpassungen behoben werden kann.
Zudem muss der Auftraggeber nachweisen, dass er den Kostenrahmen realistisch und marktgerecht kalkuliert hat. Eine rein interne Budgetanpassung oder ein nicht fundierter Haushaltsmangel reicht nicht aus, um die Ausschreibung rechtmäßig aufzuheben.

Oft entscheidet sich die Vergabestelle in solchen Fällen, das Verfahren aufzuheben und zu einem späteren Zeitpunkt mit überarbeiteten Vergabeunterlagen erneut auszuschreiben. Dabei können etwa Leistungsbeschreibungen angepasst oder technische Anforderungen vereinfacht werden, um die Wirtschaftlichkeit zu verbessern.

Eine transparente Kommunikation gegenüber den Bietern ist entscheidend, um Vertrauen zu wahren und Missverständnisse zu vermeiden.

Aufhebung der Ausschreibung wegen Unwirtschaftlichkeit

Ein weiterer zentraler Aufhebungsgrund ist die Aufhebung der Ausschreibung wegen Unwirtschaftlichkeit.
Dieser tritt ein, wenn die eingegangenen Angebote zwar grundsätzlich den Anforderungen entsprechen, aber keine wirtschaftlich sinnvolle Vergabeentscheidung mehr möglich ist.

Von Unwirtschaftlichkeit spricht man beispielsweise dann, wenn:

  • alle Angebote deutlich über dem Marktpreis liegen,
  • die angebotenen Leistungen in keinem angemessenen Verhältnis zum Nutzen stehen,
  • die Angebotswertung ergibt, dass kein Angebot die Zuschlagskriterien erfüllt,
  • oder die geplante Leistung aufgrund veränderter Rahmenbedingungen keinen wirtschaftlichen Mehrwert mehr bietet.

Die Vergabestelle darf in diesem Fall das Verfahren aufheben, um die Verwendung öffentlicher Mittel zu schützen.
Dabei ist jedoch besondere Sorgfalt und Dokumentationspflicht erforderlich: Die Unwirtschaftlichkeit muss anhand objektiver Kriterien (z. B. Preisvergleiche, Marktanalysen, Kosten-Nutzen-Bewertungen) nachgewiesen werden.

Eine unzureichende Begründung kann zu rechtlichen Konsequenzen führen – etwa durch Nachprüfungsanträge von Bietern, die sich benachteiligt fühlen.

In der Praxis empfiehlt es sich, vor einer endgültigen Aufhebung zunächst alternative Lösungen zu prüfen – etwa eine Änderung der Vergabeunterlagen oder eine Neuausschreibung mit angepasster Leistungsbeschreibung.

Durch ein transparentes Vorgehen und eine klare Kommunikation der Unwirtschaftlichkeitsgründe bleibt die Integrität des Vergabeprozesses gewahrt.

Ablauf der Aufhebung

Der Ablauf der Aufhebung folgt in der Regel einem klar strukturierten Prozess:

  1. Feststellung des Aufhebungsgrundes:
    Sobald ein relevanter Grund bekannt wird, prüft die Vergabestelle, ob eine Fortführung des Verfahrens noch rechtlich möglich ist.
  2. Interne Entscheidung:
    Die Entscheidung zur Aufhebung wird intern dokumentiert und durch die verantwortlichen Entscheidungsträger (z. B. Vergabeausschuss) bestätigt.
  3. Mitteilung an die Bieter:
    Alle Teilnehmer des Verfahrens werden schriftlich über die Aufhebung informiert. Dabei wird der Grund angegeben, um Transparenz zu gewährleisten.
  4. Dokumentation:
    Der gesamte Vorgang – von der Begründung bis zur Kommunikation – wird in der Vergabeakte festgehalten.
    Diese Dokumentation ist wichtig, falls ein Bieter ein Nachprüfungsverfahren oder eine rechtliche Beschwerde einleitet.

Folgen einer Aufhebung für Auftraggeber und Bieter

Für Auftraggeber bedeutet die Aufhebung eines Vergabeverfahrens zunächst zusätzlichen Aufwand. Die Vorbereitung einer neuen Ausschreibung erfordert Zeit, Ressourcen und mitunter die Anpassung der Unterlagen. Dennoch ist die Aufhebung oft der einzig richtige Weg, um spätere rechtliche Risiken zu vermeiden.

Für Bieter kann eine Aufhebung enttäuschend sein – insbesondere, wenn sie bereits erhebliche Arbeit in die Angebotserstellung investiert haben. Dennoch schafft die Regelung Rechtssicherheit und stellt sicher, dass fehlerhafte oder unfaire Verfahren nicht zum Zuschlag führen.

In bestimmten Fällen kann die Vergabestelle im Anschluss eine neue Ausschreibung mit korrigierten Bedingungen starten. Bieter erhalten dann die Möglichkeit, ein überarbeitetes Angebot einzureichen.

Aufhebungsgründe und ihre Verbindung zu anderen Vergabeschritten

Aufhebungsgründe können in verschiedenen Phasen des Vergabeverfahrens relevant werden – etwa während der Angebotsprüfung, der Angebotswertung oder der Angebotsöffnung.

Wird beispielsweise bei der Prüfung festgestellt, dass alle Angebote unvollständig sind oder gegen die Vorgaben verstoßen, kann die Vergabestelle zur Aufhebung verpflichtet sein.
Ebenso können Änderungen an der Leistungsbeschreibung oder der Vergabeunterlagen einen neuen Ausschreibungsprozess notwendig machen.

Strategische Bedeutung und Prävention

Professionelle Auftraggeber versuchen, Aufhebungen so weit wie möglich zu vermeiden – nicht nur wegen des zusätzlichen Aufwands, sondern auch, um die Attraktivität zukünftiger Ausschreibungen zu erhalten.
Wiederholte Aufhebungen können bei potenziellen Bietern den Eindruck mangelnder Planung oder Unsicherheit erwecken.

Zur Vermeidung von Aufhebungen empfiehlt sich:

  • Sorgfältige Vorbereitung der Vergabeunterlagen, um spätere Änderungen zu vermeiden.
  • Realistische Schätzung der Projektkosten und frühzeitige Haushaltsprüfung.
  • Frühzeitige Kommunikation mit potenziellen Bietern über Marktanalysen oder Informationsveranstaltungen.
  • Regelmäßige Schulungen für Vergabestellen zu aktuellen vergaberechtlichen Vorgaben.

Aufhebungsgründe im Kontext der digitalen Vergabe

Mit der zunehmenden Digitalisierung der öffentlichen Beschaffung – etwa durch E-Vergabe-Plattformen oder AI-Anfragenmanager – verändert sich auch die Dokumentations- und Entscheidungsstruktur im Vergabeverfahren.

Digitale Systeme ermöglichen eine lückenlose Nachvollziehbarkeit von Entscheidungen, was bei Aufhebungen besonders wichtig ist.
Durch automatisierte Prüfmechanismen lassen sich viele formale Fehler frühzeitig erkennen – und somit potenzielle Aufhebungsgründe vermeiden.

Praxisbeispiel

Ein kommunaler Auftraggeber schreibt den Bau einer neuen Sporthalle aus. Während des Vergabeverfahrens stellt sich heraus, dass die geplante Förderung durch das Land nicht bewilligt wird.
Da die Finanzierung nicht mehr gesichert ist, muss die Vergabestelle die Ausschreibung aufheben.

Der Grund wird schriftlich dokumentiert und allen Bietern mitgeteilt. Gleichzeitig wird entschieden, die Ausschreibung zu einem späteren Zeitpunkt mit angepasstem Budget erneut zu veröffentlichen.
Dieses Vorgehen entspricht den Vorgaben der UVgO und wahrt die Transparenzpflicht gegenüber den beteiligten Unternehmen.

Fazit

Aufhebungsgründe sind ein unverzichtbarer Bestandteil des öffentlichen Vergaberechts. Sie gewährleisten, dass Verfahren nur dann durchgeführt werden, wenn sie rechtmäßig, transparent und wirtschaftlich sind. Sie dienen nicht nur dem Schutz der bietenden Unternehmen, sondern auch der Wahrung der Integrität des öffentlichen Beschaffungsprozesses. Die Beachtung dieser Gründe bei der Planung und Durchführung von Ausschreibungen ist unerlässlich für eine faire und transparente Vergabe. Die gezielte Analyse und Dokumentation von Aufhebungsgründen trägt dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden und verbessert langfristig die Qualität zukünftiger Projekte.  

Jetzt jede Ausschreibung finden – bevor es andere tun.

Nutzen Sie die volle Power von Leto,
sichern Sie sich Ihren Vorsprung und gewinnen Sie mehr Aufträge.
Kostenlos testen
7 Tage kostenloser Testzeitraum
Intelligentes 2-Minuten-Onboarding
Persönliche Hilfe